Kategorie: Lerntechniken

Zahlenmerksysteme – Teil II

Das Major-System

In meinem letzten Artikel habe ich euch mit der Bildergeschichten-Methode ein Zahlenmerksystem vorgestellt, das Ihr mit wenig Aufwand sofort einsetzen könnt. Dieses System eignet sich vor allem für einfache und kurze Zahlenfolgen.

Was aber, wenn wir uns längere und komplizierte Zahlen und Zahlenrehen bzw. viele verschiedene Zahlen merken müssen? Wie können wir uns z.B. all die verschiedenen Telefon- und Handynummern, Geburtstage, wichtige Geschichtsdaten, Maße, Formeln u.ä. merken? Mit der Bildergeschichten-Methode sind wir da schnell überfordert.

Aber keine Sorge, auch für komplizierte Zahlen und Zahlenreihen gibt es Systeme, die uns das Behalten erleichtern. Heute stelle ich Euch das Major-System vor.

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Zahlenmerksysteme – Teil I

Die Bildergeschichten-Methode

Zahlen spielen in der heutigen digitalen Welt eine immer wichtigere Rolle. Pins, Codes, Termine, Geburtstage, Passwörter mit Zahlenkombinationen. Aber gerade mit Zahlen haben wir so unsere Merk-Schwierigkeiten. Zahlen sind abstrakt, wir verbinden mit ihnen keine Bilder. Da unser Gehirn aber in Bildern denkt und Bilder leichter abspeichern kann, fällt es uns meistens sehr schwer, uns Zahlenreihen zu merken.

Wie lassen sich nun aber längere Zahlenreihen, Formeln, Geburtstage und Pins dauerhaft behalten?

Hier kommen die Zahlenmerksysteme ins Spiel. Das einfachste Beispiel eines Zahlenmerksystems ist die Bildergeschichten-Methode. Dabei verbinden wir Zahlen mit bestimmten Bildern und verketten die Bilder anschließend zu einer Geschichte. Hört sich im ersten Augenblick vielleicht ein wenig kompliziert an, ist aber genial einfach, da unser Gehirn ja in Bildern denkt und sich am besten an die Infos und Daten erinnert, die wir in Form von Bildern abgespeichert haben. Auf diese Weise können wir selbst längere Zahlenreihen und Zeichenkombinationen lernen und langfristig behalten.

Praktisch sieht das dann folgendermaßen aus:

Zunächst ordnen wir den Zahlen 0 bis 9 jeweils ein Bild zu. Dabei ist es gleichgültig, ob wir ein Bild wählen, dass der entsprechenden Ziffer gleicht oder ob wir ein Bild wählen, das einen Bezug zur entsprechenden Zahl hat. Wichtig ist einzig und allein, dass wir uns diese Bilder so gut einprägen, dass wir sie quasi im Schlaf mit den entsprechenden Zahlen verbinden.

Im folgenden habe ich Euch ein paar Vorschläge für mögliche Bilder zusammengestellt:

0 = Reifen, Ei, Rettungsring

 1 = Baum / Baumstamm, Stift, Wanderstab

 2 = Schwan, Zwillinge

 3 = Hocker (3 Beine), Brezel

 4 = Auto (4 Räder), Segel(schiff)

 5 = Hand (5 Finger), Haken

 6 = Würfel (6 Flächen, höchste Zahl = 6), Golfschläger, Elefantenrüssel

 7 = Zwerg (7 Zwerge), Fahne, Sense

 8 = Sanduhr / Schneemann, Achterbahn

 9 = Kegel (neun Kegel), Lupe

Suche Dir ein Bild zu jeder Zahl, das Dir zusagt und an das Du Dich auf alle Fälle erinnern kannst. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob andere mit „Deinen“ Bildern etwas anfangen können oder nicht. Nur Du musst mit den gewählten Bildern klarkommen. Wenn Du die Bilder einmal so richtig verinnerlicht hast, ist es ganz einfach, Dir auch längere Zahlenreihen, Geburtstage oder ähnliches zu merken.

Du prägst Dir diese Bilder also sehr gut ein – so dass Du sie wie im Schlaf beherrschst. Da Du die Bilder so gewählt hast, dass sie Dich an die entsprechende Zahl erinnern, wirst Du sie Dir sehr schnell merken können. Nach ein paar Wiederholungen wirst Du diese Bilder immer sofort mit der entsprechenden Zahl in Verbindung bringen.

Im letzten Schritt denkst Du Dir zu der Zahl, die Du Dir merken willst, eine kleine Geschichte aus.

Beispiel I

Du willst Dir zum Beispiel die Pin-Nummer Deiner EC-Karte merken – und zwar dauerhaft.

Die Pin-Nummer lautet: 4759

4 = Segelschiff

7 = Fahne

5 = Hand

9 = Lupe

Meine Geschichte lautet folgendermaßen:

Ich stehe an einem See und beobachte ein Segelschiff mit grellgelben Segeln und einer knallroten Fahne. An der Reling steht mein Bankberater, der die Hand hebt und mir zuwinkt. Noch lange schaue ich dem Schiff mit meiner Lupe hinterher.

Die Handlung kann ruhig weit hergeholt sein. Je kreativer, desto besser! Je ausgefallener die Geschichte ist, desto besser kannst du sie Dir merken! Wichtig ist vor allem, dass Du die Geschichte lebhaft – wenn möglich mit Farben, Gerüchen, Geräuschen und/oder Gefühlen ausschmückst und sie anschließend mehrfach vor Deinem inneren Auge ablaufen lässt. Du wirst sehen, Du wirst diese Zahl nicht mehr vergessen.

Beispiel II

Das Geburtsjahr Karl des Großen:

747  – Fahne – Schiff – Fahne

Die Bildergeschichten-Methode ist das einfachste Zahlenmerksystem und wirklich kinderleicht zu lernen. Es reicht für das tägliche Leben völlig aus. Werden wir jedoch häufiger mit langen Zahlenreihen oder schwierigen Formeln konfrontiert, dann sollte man sich mit einem anderen Zahlenmerksystem auseinandersetzten: Das Master-System, dass ich im nächsten Artikel vorstelle.

Übrigens: Die Bildergeschichten-Methode hat noch einen tollen Nebeneffekt. Dadurch, dass wir Zahlen mit Bildern verbinden, aktivieren wir beide Gehirnhälften und fördern allein schon  dadurch unsere Lern- und Merkfähigkeit.

Und wem das alles zu theoretisch war, der kann sich auch gerne das folgende Video anschauen…

Die Loci-Methode

Der Weg ist das Ziel…

Wie bereits im 1. Artikel über Lerntechniken und Lernmethoden erwähnt, wird die Loci-Methode (Loci = Locus (lat.) = Ort) auch Routenmethode genannt. Bei dieser Methode werden Punkte entweder am Körper (Körperroute) oder im Raum (Raumroute) festgelegt. An diese so genannten Routenpunkte hängen wir dann unsere Schlüsselwörter an, indem wir sie zu einem lustigen Bild verknüpfen. Dazu gleich mehr.

Der Erfolg der Loci-Methode beruht auf einer besonderen Eigenart unseres Gehirns: dem „räumliche Erinnerungsvermögen“. Wir können uns in der Regel besser an die Katze auf dem Stuhl rechts neben dem Fenster erinnern, als nur an die Katze irgendwo in dem Raum.

In 3 Schritten zum Erfolg

Die Loci-Methode besteht aus 3 Schritten. In einem ersten Schritt legen wir eine sogenannte Route mit verschiedenen Routenpunkten fest. Im 2. Schritt erarbeiten wir wichtige Schlüsselwörter unseres Lernthemas – dazu eignet sich übrigens besonders gut ein Mind-Map. Im 3. Schritt verbinden wir  dann diese wichtigen Schlüsselwörter unseres Lernthemas mit den einzelnen Routenpunkten unserer Route. Und zwar, indem wir uns ein lustiges Bild dazu einfallen lassen!

Die Magie der Routenpunkte

Durch das „Abwandern“ der einzelnen Routenstationen in unserer Vorstellung können wir uns später an alle wichtigen Begriffe erinnern und das sogar in der richtigen Reihenfolge. Auf diese Weise ist es auch (fast) unmöglich, bei der Weidergabe wichtige Punkte unseres Lernthemas auszulassen. Wir wissen bei dieser Methode immer, an welcher Stelle des Lernstoffes wir uns gerade befinden und  welches Schlüsselwort als nächstes kommt.

Da sich das alles sehr theoretisch anhört, hier ein konkretes Beispiel.

Beispiel für die Körperroute

Die einfachste Route, die wir auch immer bei uns haben, ist die Körperroute.

Schritt 1: Festlegen der Route

Wir prägen uns die folgenden Körperpunkte in der entsprechenden Reihenfolge ein. Das ist ganz einfach, denn wir gehen unseren Körper von unten nach oben durch:

  1. =   Fuß
  2. =   Knie
  3. =   Oberschenkel
  4. =   Gesäß
  5. =   Hüfte
  6. =   Bauch
  7. =   Brust
  8. =   Schultern
  9. =   Hals
  10. =   Kopf

Und schon haben wir unsere erste Route!

Schritt 2: Verbinden der Routenpunkte mit Schlüsselwörtern

Angenommen wir wollen uns jetzt die 9 Planeten unseres Sonnensystems merken:

Merkur – Venus –Erde – Mars – Jupiter – Saturn – Uranus – Neptun – Pluto

Im 2. Schritt dieser Methode verbinden jetz also unsere einzelnen Routenpunkte mit den Planeten:

  1. Fuß = Merkur
  2. Knie = Venus
  3. Oberschenkel = Erde
  4. Gesäß = Mars
  5. Hüfte = Jupiter
  6. Bauch = Saturn
  7. Brust/Schulter = Uranus
  8. Hals = Neptun
  9. Kopf = Pluto

Das allein hilft uns aber noch nicht, die Planeten auch wirklich zu lernen. Jetzt kommt Schritt 3 ins Spiel.

Schritt 3: Lustige Bilder und Geschichten erfinden

Wir überlegen uns zu jedem Planeten ein Bild und dieses Bild verknüpfen wir dann mit dem entsprechenden Routenpunkt.

Hier meine dazugehörigen Bilder und Geschichten:

  1. Fuß – Merkur: Meer-Kur: Ich gönne meinen Füßen eine Meeres-Kur. Ich stehe mit meinen Füßen am Strand, Meerwasser umfließt die müden Füße.
  2. Knie – Venus: Venusmuschel: Dann knie ich im Sand vor einer Venusmuschel.
  3. Oberschenkel – Erde: Globus: Ich balanciere einen Globus (= Erde) auf meinen Oberschenkeln.
  4. Po – Mars: Schokoriegel Mars: In meiner hinteren Gesäßtasche habe ich einen Mars-Schokoriegel stecken.
  5. Hüfte – Jupiter: Yuppie (junge, karrierebewusste, erfolgreiche Großstädter) Ein Yuppie sitzt auf meiner Hüfte und wedelt mit Geldscheinen.
  6. Bauch – Saturn: Ich lasse Hula-Hoop-Reifen (Ringe) um meinen Bauch schwingen
  7. Brust/Schulter – Uranus: Uran-Utan: ein kleiner Uran-Utan sitzt auf meinen Schultern und lässt die Beine auf die Brust baumeln.
  8. Hals – Neptun: Meeresgott Neptun: Neptuns Dreizack steckt in meinem Hals fest.
  9. Kopf – Pluto: Pluto: Pluto, der Hund aus dem Zeichentrickfilm, leckt über mein Gesicht.

Wenn wir die Namen der Planeten mit den entsprechenden Bildern an den einzelnen Körperpunkten verankern, dann werden wir uns auch nach Jahren noch an die 9 Planeten des Sonnensystems erinnern und sie in der richtigen Reihenfolge aufzählen können.

Weiteres Beispiel:

Nenne die letzten 7 Präsidenten der Vereinigten Staaten in der richtigen Reihenfolge.

Lösung: Ford, Carter, Reagan und Bush, Clinton, Bush, Obama

Körperroute: Ein Ford fährt über den Fuß; der Fuß schwillt an und tut ganz stark weh; ein Kater kratzt so doll am Knie, dass es anfängt zu bluten; ein Reagenzglas steckt in der Hosentasche; auf dem Rücken wächst ein grüner Busch; ein lautes Lachen als Klingelton kommt aus dem Handy in der Brusttasche, ein kleiner Busch-Sprößling wächst auf der Schulter und Opa schüttelt Mama ein Glas Wasser ins Gesicht.

Route erweitern

Sollten die 10 Körperpunkte nicht ausreichen, da wir mehr als 10 Schlüsselwörter lernen und behalten wollen, dann können wir weitere Körperpunkte hinzufügen: Wirbelsäule, Ellenbogen, Hand, Nacken, Haare, …

Weitere Routen und Routenpunkte:

Beispiele für weitere Routen können die Räume unserer Wohnung / unseres Hauses sein (Schlafzimmer, Wohnzimmer, Bad, Küche, Arbeitszimmer, Kinderzimmer, …) oder aber bestimmte Wege, die wir häufig gehen (Arbeitsweg, Spazierweg, Schulweg, Hunde-Runde, …).

Nehmen wir das Beispiel „Schlafzimmer“. Mögliche Routenpunkte können die folgenden Objekte sein:

  1. =   Bett
  2. =   Bild über dem Bett
  3. =   Nachtschränkchen
  4. =   Nachtischlampe
  5. =   Kommode
  6. =   Kleiderschrank
  7. =   Bild über der Kommode
  8. =   Fenster / Vorhänge
  9. =   Stuhl / Kleiderständer
  10. =   Spiegel

Alle Objekte ordnen wir in der Reihenfolge an, in der sie in unserem Schlafzimmer stehen, wenn wir zur Tür hereinkommen. Dabei bleibt es Euch überlassen, ob Ihr im Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn vorgeht. Wichtig ist nur, dass Ihr für jedes weitere Zimmer die gleiche Richtung beibehaltet. Und schon haben wir eine (neue) Route.

Das Auto als Route

Neben den Körperpunkten, den Zimmer-Routen oder den Weg-Routen können wir auch unser Auto als Route umfunktionieren:

  1. = Stoßstange
  2. = Scheinwerfer
  3. = Motorhaube
  4. = Scheibenwischer
  5. = Fahrertür
  6. = Fahrersitz
  7. = Lenkrad
  8. = Schaltung
  9. = Radio
  10. = Handschuhfach
  11. = Rücksitz
  12. = Hutablage
  13. = Heckscheibe
  14. = Kofferraum
  15. = Rück- oder Bremslichter

Je mehr Routen desto besser

Je mehr Routen wir uns anlegen, desto mehr Informationen können wir speichern. Sicherlich kann man auch eine Route mehrfach belegen. Aber wenn wir uns viele Informationen dauerhaft einprägen wollen, sollten wir viele verschiedene Routen zur Verfügung haben. Denn je mehr Informationen wir auf ein und demselben Punkt speichern, desto größer wird die Gefahr, Wichtiges zu vergessen oder Inhalte zu vermischen bzw. zu verwechseln.

Wenn Ihr Euch mit der Loci-Methode anfreunden könnt, dann werdet Ihr erstaunt sein, wie viele verschiedene Routen Ihr erstellen könnt. Ihr werdet auch feststellen, dass Ihr fast jede Route mit weiteren Routenpunkten erweitern könnt. Eurer Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt.

Anwendungsmöglichkeiten für die Loci-Methode

Geschichte, Erdkunde, Biologie, Chemie, Deutsch und Kunst sind Fächer, bei denen man diese Methode anwenden kann. Sie eignet sich immer dann, wenn wir uns Begriffe, Namen etc. in einer bestimmten Reihenfolge merken müssen.

Fazit zur Loci-Methode

Auch wenn sie anfangs ein wenig Arbeit macht, so ist die Loci-Methode eine genial einfache Methode, um sich alles Mögliche dauerhaft und in einer bestimmten Reihenfolge einzuprägen. Wenn Ihr Euch vorweg ein wenig Zeit nehmt und Euch verschiedene Routen zulegt, werdet Ihr Euch ganz schnell sehr viel mehr merken und behalten können.

Aber die Loci-Methode trainiert nicht nur Euer Gedächtnis und Eure Merkfähigkeit, sondern auch Eure Fantasie, Eure Kreativität und Eure Visualisierungsfähigkeit!

Videos zur Loci-Methode:

Dinge einmal zu hören oder zu lesen reicht nicht aus, um sie wirklich zu verinnerlichen. Wenn Ihr also Lust habt, die Loci-Methode zu erlernen und dadurch ganz erstaunliche Lernerfolge zu erzielen, dann empfehle ich Euch die folgenden Videos, um Euch mit dieser Methode noch besser vertraut zu machen.

Viel Spaß beim Erstellen Eurer Routen, Eurer lustigen Bilder und natürlich beim Üben!!!