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Prüfungsangst – Teil II

Mentales Training

In Teil 1 zur Prüfungsangst haben wir uns angeschaut, wie wir uns schnell beruhigen können, wenn Angst schon während der Vorbereitung in uns aufsteigt – also 1. Hilfe-Maßnahmen für die Tage und Wochen vor der Prüfung.

Heute wollen wir uns anschauen, wie wir uns mental optimal auf unsere Prüfung vorbereiten können und alleine darüber einen Teil der Angst einfach ausschalten.

Übrigens, ein gewisses Maß an Angst ist – auch wenn Euch das vielleicht schwerfällt zu glauben – sogar hilfreich und notwendig. Ohne Angst vor einer Prüfung würden wir die Prüfungssituation auf die leichte Schulter nehmen, uns wahrscheinlich nur ungenügend vorbereiten und die Prüfung deshalb vermasseln.

Schädlich wird die Angst, wenn sie so stark ist, dass sie uns massiven Stress verursacht. Unser Zwischenhirn (Thalamus) glaubt dann, wir seien in Lebensgefahr. Es bereitet uns optimal auf Flucht oder Kampf vor – und schaltet unser Großhirn einfach ab.

Versagensängste und Selbstzweifel

In den Tagen und Wochen vor einer Prüfung sind es meistens starke Versagensängste und Selbstzweifel, die dazu führen, dass wir uns nicht richtig auf den Lernstoff konzentrieren und ihn somit auch nicht behalten können. Wir sitzen vor unseren Unterlagen, versuchen zu lernen und haben das Gefühl, dass nichts von dem Gelesenen bzw. Gelernten seinen Weg in unser Langzeitgedächtnis finden will… Wir fühlen absolute Leere in unserem Gehirn – den sog. Blackout! Wir haben – völlig unbewusst und ungewollt – unser Gehirn abgeschaltet und unsere Nervenbahnen blockiert.

Diese Leere entsteht dadurch, dass wir uns – meist auch unbewusst – vorstellen, dass wir es niemals schaffen werden, all den Stoff zu lernen, dass wir glauben, wir würden die Prüfung sowieso nicht schaffen, weil sie viel zu schwer sein wird, weil wir zu dumm sind oder zu aufgeregt sein werden, zu….

Unser Gehirn unterscheidet nicht zwischen Vorstellung und Realität!

Diese Filme laufen dann immer und immer wieder in unserem Gehirn ab. Dabei kann unser Gehirn nicht erkennen, dass diese Horror-Szenarien nur in unserer Vorstellung existieren. Es geht davon aus, dass es so ist. Diejenigen, die z.B. gerne Eis essen, wissen was ich meine. Allein die Vorstellung an das Eis reicht aus, dass uns das Wasser im Mund zusammenläuft, dass wir fühlen, wie das Eis auf der Zunge zergeht,… Die Gehirnforschung hat festgestellt, dass die Gehirnzentren, die für die jeweiligen Bereiche zuständig sind, bei der Vorstellung genauso aktiv sind wie bei der realen Handlung. Unser Gehirn ist also nicht in der Lage zwischen Vorstellung und Realität zu unterscheiden.

Unser Erfolgsdrehbuch „schreiben“

Und genau diese Besonderheit unseres Gehirns können wir uns zu Nutze machen! Anstatt uns auszumalen, was während der Prüfung alles schief gehen kann, stellen wir uns vor, dass wir die Prüfung bestehen, dass genau die Themen drankommen werden, die wir besonders gut beherrschen. Wir können uns vorstellen, wie es sein wird, wenn wir die Prüfung bestanden haben, wie glücklich wir dann sind, wie wir uns freuen, wie uns unsere Familie und unsere Freunde zu unserem Erfolg gratulieren, …

Ihr könnt nicht glauben, dass das funktioniert? Dann probiert es aus! Es wird funktionieren! – Das, woran wir glauben, wir uns geschehen…

Und so geht es:

Zunächst macht Ihr eine der in Teil I beschriebenen 1.-Hilfe-Übungen, um Euch zu entspannen und um beide Gehirnhälften zu aktivieren (s. Gehirnknöpfe rubbeln, Cook-Übung).

Anschließend legt Ihr Eure Handflächen auf Eure Stirnhöcker (Ihr könnt auch einen Freund oder ein Familienmitglied bitten Euch die Stirnhöcker zu halten) und „schreibt“ Euer Prüfungs-Erfolgsdrehbuch! In der Kinesiologie nennt man die Stirnhöcker auch die Positiven Punkte. Wenn wir sie halten bzw. sie halten lassen, können sie ihre beruhigende, ausgleichende Wirkung entfalten. Gleichzeitig aktivieren sie beide Gehirnhälften und helfen uns, uns wieder besser konzentrieren und erinnern zu können. Darüber hinaus regen sie unsere Phantasie an. Während wir sie halten, kommen uns viele gute Ideen und Einfälle!

Atmet jetzt ein paar Mal tief ein und aus und dann beginnt Ihr Euch vorzustellen, dass Ihr gut und viel gelernt habt, dass Ihr den Lernstoff gut beherrscht, dass Ihr optimal vorbereitet seid, dass …

Dann stellt Euch vor, wie Ihr in den Prüfungsraum geht. Ihr seid ganz ruhig und gelassen, denn Ihr habt gut gelernt. Ihr wisst ganz genau, dass Ihr es schaffen werdet! Ihr setzt Euch und lächelt Eure Prüfer an. Die erste Frage ist eine ganz leichte Frage, Ihr seid sehr gut vorbereitet und könnt diese Frage ruhig und ausführlich beantworten. Weitere Fragen folgen und Ihr könnt jede Prüfungsfrage ruhig und sicher beantworten. Stellt Euch vor, wie die Prüfer Euch anlächeln und sehr zufrieden mit Eurer Leistung sind… Stellt Euch für alles, wovor Ihr Angst habt eine positive, erfolgreiche Szene vor. Lasst Eurer Kreativität freien Lauf!

Weiter stellt Euch vor, wie Ihr den Raum verlasst. Ihr habt alle Fragen beantworten können und als Ihr zwischendrin einen kleinen Hänger hattet, habt Ihr es offen gesagt. Die Prüfer hatten Verständnis mit Euch und haben Euch mit einem kleinen Hinweis weitergeholfen. Ihr seid erleichtert, glücklich und zufrieden. Eure Freunde / Eure Familie gratulieren Euch!

Malt Euch all dies so genau wie möglich aus, nehmt alle Eure Sinne mit dazu: Was seht Ihr, was hört, riecht, schmeckt, fühlt Ihr?

Je genauer Ihr Euer Erfolgsdrehbuch schreibt, desto besser wird es sich in Eurem Gehirn einprägen. Es wird dann gar kein Platz mehr für übermäßige Angst sein! Wusstet Ihr, dass z. B. alle erfolgreichen Leistungssportler mentale Techniken nutzen, um im Wettkamp auf den Punkt ihre Leistung abrufen zu können? Jeder kann das – auch Ihr!

Nutzt diese Technik so oft wie möglich vor einer Prüfung. Ihr könnt auf die oben beschriebene Weise in Gedanken auch nochmals wichtige Fragen durchgehen. Sie verankern sich so viel besser in Eurem Gehirn und sind danach leicht abrufbar!

Und im nächsten Teil zur Prüfungsangst schauen wir uns an, was wir während der Prüfung tun können, um keinen Blackout zu bekommen.

Zunächst aber viel Spaß beim Schreiben Eures Erfolgsdrehbuchs!